Der Automobilzulieferer Feintool will 70 von 200 Stellen am Hauptsitz in Lyss BE abbauen. Dies im Zuge einer «Veränderung der Werksplanung in Europa», wie Feintool am Dienstag in einer Mitteilung schreibt. Man habe ein Konsultationsverfahren mit der Personalvertretung eingeleitet und die Mitarbeitenden zu einer Information eingeladen.
Konkret fallen die Stellen in der Grossserienfertigung in Lyss weg. Die Produktion wird nach Tschechien verlagert. Bis Ende 2025 soll der Prozess abgeschlossen sein.
Als Grund nennt der Automobilzulieferer das «anspruchsvolle Marktumfeld». Die Grossserienfertigung könne in Lyss «nicht mehr wettbewerbsfähig betrieben» werden. Einerseits wegen des starken Frankens, was die Produkte für die mehrheitlich im Euroraum beheimatete Kundschaft verteuert. Andererseits wegen der hohen Lohn- und Energiekosten. Der Hauptsitz sowie die Kompetenzzentren Feinschneiden (inklusive Werkzeugbau) und Wasserstoff (Bipolarplatten) würden im Berner Seeland verbleiben. Damit bleibe Lyss «ein wichtiger Standort» für Feintool.
Die Automobilbranche ist in einem tiefgreifenden Wandel begriffen – weg von den Verbrennern hin zu elektrischen Fahrzeugen. Diese Transformation vollzieht auch Feintool: Wie das Unternehmen 2023 mitteilte, ist der Umsatzanteil von Komponenten für Verbrennermotoren auf unter 50 Prozent gesunken. Trotzdem dürfte er noch immer einen wichtigen Teil des Geschäfts ausmachen.
Auf Nachfrage von CH Media verneint Feintool jedoch einen «direkten Zusammenhang» des Entscheids zum Technologiewandel. Mit den drei Kerntechnologien Feinschneiden, Umformen und Elektroblechstanzen sei das Unternehmen «bestmöglich auf die Marktbedürfnisse ausgerichtet». Sowohl für Elektro-, Hybrid- wie auch Verbrennerfahrzeuge biete man Lösungen. Dazu kämen Anwendungen im Industriebereich und den erneuerbaren Energien. Feintool bezeichnet sich selbst als «einen der grössten Lieferanten für Hauptantriebe von E-Autos und E-Nutzfahrzeugen».
Verlagerung kostet 10 bis 12 Millionen Franken
Die Restrukturierung bedeute eine Verlagerung von Aufträgen in andere Werke in Europa, schreibt Feintool weiter. Im laufenden Jahr werde dies voraussichtlich Mehrkosten von 10 bis 12 Millionen Franken auslösen. Nach Abschluss der Verlagerung resultiere jedoch eine «nachhaltige Verbesserung» des Betriebsergebnisses (Ebit) von 7 Millionen Franken pro Jahr.
Das Seeländer Unternehmen machte ziemlich genau vor einem Jahr Schlagzeilen, als es einen defizitären Geschäftszweig abstiess. Das Geschäft mit Pressen- und Werkzeugsystemen wurde an die deutsche Certina-Gruppe verkauft.
Feintool wurde 1959 in der Schweiz gegründet. Heute hat das Unternehmen 17 Standorte in Europa, den USA und Asien und beschäftigt insgesamt 3200 Mitarbeitende. Seit 2011 ist das Unternehmen mehrheitlich im Besitz der Artemis-Gruppe von Michael Pieper.

